Senioren testen Technik: “We Walk”-Blindenstock im Praxiseinsatz

https://youtu.be/5pgb84R5lZsOlaf Schmiedeck ist von Geburt an sehbehindert. Er verfügt über ein Restsehvermögen von einem Prozent. Für das Reallabor TAKSI hat Herr Schmiedeck den smarten Blindenstock “We Walk Cane” zwei Wochen lang genutzt. Im Video von innovativ-altern.de spricht Herr Schmiedeck über seine Erfahrungen mit dem Blindenstock.

Der Stock wird dem Projekt VTTNetz vom Verein TECLA (Technische Pflegeassistenzsysteme) e.V. zur Verfügung gestellt. Der Verein TECLA beteiligt sich am  BAGSO-Projekt „Digital souverän mit KI“. 

Weitere Informationen zum We Walk Cane

Der We Walk Cane ist ein smarter Blindenstock, der von der türkischen Non-Profit-Organisation Young Guru Academy (YGA) entwickelt wurde und für etwa 500 Dollar im Internethandel erworben werden kann. Ziel war es, Nutzerinnen und Nutzern zu ermöglichen, mit Hilfe des Stocks eigenständig eine Stadt zu entdecken. Dafür soll der Stock mit öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch Fahrzeugen und öffentlichen Einrichtungen kommunizieren. Wie er aufgebaut ist und wie er seheingeschränkte Menschen unterstützen soll, das erläutern wir in diesem Blogbeitrag.

Wie wird der Stock bedient?

Der We Walk Cane wird zunächst mit dem Stock über en Adapter verbunden und dann mit der dazugehörigen WeWalk-App gekoppelt, die kostenfrei im App Store oder Play Store heruntergeladen werden kann. Der Stock bleibt 120 Sekunden kopplungsbereit.

Die Kopplung erfolgt auf Anhieb innerhalb von zwei Sekunden. Die App fordert dazu auf, eine Freigabe für die Bluetooth-Verbindung zum Stock und für die Standorterkennung zu erteilen. In der App kann ich den Standort des Stocks bestimmen lassen. Ich kann markante Orte in der Umgebung anzeigen lassen und Lieblingsorte wie Cafés oder Hochschulen definieren, die ich häufiger aufsuche. Ich kann den Stock mittels der App suchen, dann erklingt am Stock ein markantes Geräusch.

In der App kann ich Schriftgröße, Helligkeit und Farben einstellen. Wir entscheiden uns für gelbe Schrift auf schwarzem Grund. Starke Kontraste machen es sehbehinderten Menschen einfacher, etwas zu erkennen. Hier hängt es von der Art der Sehbehinderung und der persönlichen Wahrnehmung ab, welche Einstellungen gewählt werden sollten.

Der integrierte Lautsprecher gibt akustische Informationen über die Verbindung zum Smartphone aus, sofern diese vorliegen- zum Beispiel über Öffnungszeiten von Geschäften und Busverbindungen. Dafür muss das Smartphone mitgeführt werden. Das Smartphone wird über das Touchpad auf der Vorderseite des Stockes bedient, sodass es nicht extra in die Hand genommen werden muss. Hierfür verfügt die App über ein extra Training, mit dem die Gesten eingeübt werden.

Der Stock wird wie beim Händeschütteln in die Hand genommen und läuft entlang des Daumens durch die Hand. Der Daumen ruht beim Tragen auf den beiden Tast-Knöpfen. Er wird wie ein Langstock über den Boden geführt. Die richtige Handhabung und das sensible Tasten sind wichtig, da der Ultraschallsensor nur Hindernisse in Brust- und Kopfhöhe detektiert, die sich in 0,8 bis 1,65 m Entfernung befinden. Gegenstände und Barrieren, Stufen oder Löcher auf oder in dem Boden müssen mittels des Langstocks selbst erkannt werden.

Anhand von Ultraschallsensoren erkennt der Stock Hindernisse – optimal in etwa in einem Meter Entfernung. Er zeigt ein Hindernis an, indem der Motor die Tastknöpfe in Vibration versetzt.

Erkannt werden laut Hersteller „härtere“ Gegenstände, die die Ultraschall-Signale gut reflektieren. Weiche Stoffe oder sehr kleine Hindernisse und Gegenstände, die sich unter 80 cm oder über 1,65 Meter Entfernung befinden, erkennt der Sensor nicht oder schlecht.

Ein voller Akku reicht für fünf Stunden Nutzung. Ist der Akku leer, kann der Stock wie ein normaler Gehstock genutzt werden.

Was ist in der Verpackung enthalten?

Darin befindet sich der Griff aus Plastik, der die Elektronik beinhaltet. Er verfügt auf der Vorderseite über ein rechteckiges Touchpad, das 3,50 cm hoch und 3 cm breit ist. Darüber sind zwei Tasten, an denen mit dem Daumen die Vibration des Motors bei Hindernissen in Brust- und Kopfhöhe wahrgenommen werden soll. Unter dem Touchpad befindet sich der runde Ultraschallsensor mit zwei Zentimeter Durchmesser. Auf der Vorderseite ist auch eine kleine LED, die im Dunkeln rot leuchtet, sodass wir von Dritten eher wahrgenommen werden sollen, wenn wir den Stock bei uns führen. Unten befindet sich der Adapter für den Gehstock. In der Verpackung ist ein weiterer Adapter enthalten, mit dem der eigene Gehstock angebracht werden kann.

Am oberen Ende, direkt an der Öse für die Schlaufe, befindet sich eine Ladebuchse für Mikro-USB. Der Hersteller sagt, der Stock sollte vor der Erstbenutzung zwei Stunden geladen werden.

Auf der Rückseite ist ein eingebautes Mikrofon, über das der Stock Sprachbefehle entgegennimmt sowie ein Lautsprecher für den Sprachassistenten.

Auf der Rückseite des elektronischen Griffs ist der Ein- und Ausknopf, den man ca. drei Sekunden gedrückt hält, um den Griff ein- oder auszuschalten.

Die Grenzen des Produktes

Wir fragen uns: Wenn ich den Stock wie einen verlängerten Zeigefinger nutze, könnte mich der wuchtige Griff auf Dauer stören. Er wiegt 280 Gramm und muss mit der gesamten Hand umfasst und gehalten werden.

Der Hersteller untersagt die Nutzung im Regen. Bei plötzlich auftretendem Niederschlag soll er ausgeschaltet und vor Wasser geschützt werden. Er sollte zudem weder extremer Hitze noch extremer Kälte ausgesetzt werden, also zum Beispiel auch nicht in der Sonne abgestellt werden. Eine Nutzung ist laut Hersteller im Bereich von minus 10 Grad bis 40 Grad Celsius möglich.

Mit gewöhnlichen Handschuhen kann das Touchpad nicht bedient werden.

Hergestellt wird der weWalk Cane laut Verpackung in Großbritannien. Die Menüführung und die Bedienungsanleitung sind auf Englisch. Verstehen wir die Sprachausgabe auf Englisch? Die englische Aussprache ist fehlerhaft.

Die Sprachassistenz ist Stand März 2021 für Englisch, Spanisch, Französisch, Arabisch, Italienisch und Portugiesisch verfügbar. Weitere Sprachen sollen laut Hersteller folgen und werden dann über die Software-Aktualisierungen der App bereitgestellt.