Thomas Schatz (links) und Eberhard Toepfer testen die Beratung unter den neuen Bedingungen zur Eindämmung des Coronavirus.
Wie läuft eine Beratung unter den Bedingungen zur Eindämmung des Coronavirus ab? Das haben Thomas Schatz, Julia Bruns, Eberhard Toepfer und Rolf Dörge in der altersgerechten Musterwohnung in der Kopernikusstraße 8 in Wernigerode ausgetestet.

Wernigerode, 5. Juni 2020 | Die Sprechstunde zu Komfort, Sicherheit und Smartphone lebt vom Austausch, dem Vertrauen und der Nähe zwischen Ratsuchendem und dem Beratenden. Doch ausgerechnet diese Nähe setzt die zumeist älteren Damen und Herren derzeit einer unsichtbaren Gefahr aus: Das Coronavirus wird durch Tröpfchen in der Luft übertragen, breitet sich besonders schnell in schlecht gelüfteten, geschlossenen Räumen aus. Deshalb hat sich das Team des Reallabors für Technikakzeptanz und Soziale Innovation (TAKSI) überlegt, wie eine sichere und trotzdem effektive Beratungssituation unter den geltenden Vorschriften ablaufen könnte. Die Initialzündung gab die Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt, die Seniorentreffs und Bildungsangebote unter bestimmten Voraussetzungen wieder ermöglicht.

“Dann haben wir uns mit unseren ehrenamtlichen Technikbotschaftern virtuell in einem Zoom-Meeting zusammengesetzt und gemeinsam beschlossen, dass wir die Beratung wieder aufnehmen wollen”, berichtet Thomas Schatz, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Transferprojekt Innovationsnetzwerk Vernetzte Technikberatung und Techniknutzung, kurz: VTTNetz.

Das Projektteam unter Leitung von Birgit Apfelbaum hat daraufhin ein Hygienekonzept verfasst. “Wo sind die Engpassstellen? Wie viele Menschen dürfen gleichzeitig in der Wohnung sein? Wie kann eine Smartphone-Beratung erfolgen, wenn das Gerät nicht von Hand zu Hand gehen darf?”, zählt Projektmitarbeiterin Julia Bruns die Fragen auf. Schließlich hat Thomas Schatz einen Visualizer, ein digitales Dokumentenlesegerät, ins Spiel gebracht: Mit diesem können Ratsuchende die Ansicht ihres Displays auf den Fernseher in der Wohnung übertragen. Der Ratsuchende bedient das Smartphone oder Tablet eigenständig, der Beratende oder Botschafter erklärt die Schritte am Fernsehbildschirm. “Damit sitzen beide Personen mit großzügigem Abstand zueinander”, so Schatz.

Beratung mit Visualizer sichert den Abstand, sodass auch während der Corona-Krise eine Smartphone-Sprechstunde im Reallabor TAKSI angeboten werden kann.
Ganz wichtig ist dem Projektteam das konstante Lüften des Raumes, damit verbrauchte Luft aus dem Zimmer transportiert und fortwährend durch Frischluft getauscht wird. Aufgrund der Enge des Flures soll immer nur eine Beratung gleichzeitig angeboten werden, um zufällige Begegnungen auf dem Flur auszuschließen. Auch die Dauer jeder Beratung muss begrenzt werden, um ausreichend Zeit zum Desinfizieren der Klinken, den Visualizers und der Möbel zu haben. Garderobe und weitere Räume stehen nicht zur Verfügung.

Die Beratung soll auf vier Stunden ausgedehnt werden, um zumindest vier Ratsuchenden zu helfen. “Ich habe in den letzten Wochen immer wieder Anrufe ratsuchender Bürger erhalten, die fragten, wann es wieder los geht”, berichtet Rolf Dörge. “Ich stehe mit einigen in Kontakt, helfe auch mal über WhatsApp.” Auch Thomas Schatz berichtet von Telefonberatungen, die sich allerdings als schwierig erwiesen. Das Angebot einer Telefonsprechstunde, die Julia Bruns montags offeriert hatte, wurde derweil nicht angenommen. “Es kamen keine Anrufe. Scheinbar ist unseren Klientinnen und Klienten der persönliche Kontakt wichtig”, vermutet sie.  Wann die Sprechstunde wieder startet, wird noch bekannt gegeben. “Zunächst werden wir Desinfektionsmittel, Spender, Einmalhandtücher und Masken einkaufen”, sagt Thomas Schatz.

Zum Hintergrund: Normalerweise findet jeden Montag von 14 bis 16.30 Uhr findet im Rahmen des Hochschulprojektes eine offene Sprechstunde für Ältere und Angehörige statt, die Fragen zur Smartphone-, Laptop- und Internetnutzung haben. Parallel zur Beratung besteht die Möglichkeit, die TAKSI-Zentrale – eine altersgerechte und mit einer Vielzahl technischer Geräte ausgestatteten Wohnung der Wernigeröder Wohnungsgenossenschaft – zu besichtigen. TAKSI steht für „Technikakzeptanz und Soziale Innovation“ – und damit für zwei zentrale Themen im Projekt VTTNetz, das fünf Jahre (2018-2022) unter Leitung von Professorin Dr. Birgit Apfelbaum an der Hochschule Harz arbeitet. In jedem der Räume der TAKSI-Zentrale können diverse Geräte ausprobiert werden, darunter die barrierefreie Dusche, ein Gardinenlift, Sitzerhöhungen, Seniorentelefone, Hausnotruf, Geh- und Greifhilfen, ein höhenverstellbarer Lattenrost und ein Bügeleisen mit Liftfunktion.